OM IN PERU

Irmgard Ernst. Sie war eine Abenteurerin, angespornt von einer tiefen persönlichen Suche. Lehrerin, Heimwerkerin, passionierte Köchin, Gärtnerin, Schneiderin und der Kleber der Familie. Meine Oma: Om. Ihre große Leidenschaft war die Fotografie. Flink am Auslöser, war sie vor der Linse eher schüchtern. Als Vermächtnis hinterließ sie 20.000 unentdeckte Fotos und Memoiren von ihren Reisen um die Welt. Nun ist es an der Zeit, sie der Welt zurückzugeben.

Ankunft in Lima am Aeropuerto. Om wetterfest wie eh und je mit Tüchlein, Grauschopf und –unabdingbar– dem Fotoapparat. (Links angeschnitten: Volkmar, der eine besondere Rolle spielt, die noch nicht ganz klar ist. Auf einem Bild küsst er ein Lama.)

Lima, Peru, Mai 2003

Die Kriegerin mit der Kamera. Ja, meine Oma und ich waren uns immer schon sehr ähnlich. Zwillinge halt. Ich 21., sie 26. Mai, beide davon hat sie in Peru erlebt! Dazu später mehr.

Lima, Peru, Mai 2003

Ein Typ mit weißer Maske, seriösem Schnurres und Kreuz zwischen den Brauen, der Lasso mit einem Rosenkranz spielt? Wir werden nie erfahren, was da genau im Bus abging, für meine Oma war es ein Mix aus Zirkus und Modenschau. Und auch die geografischen Koordinaten werden uns mitgeteilt. Es geht in die Höhe!

Auf dem Weg nach Cuzco, Peru, Mai 2003


Ich zitiere mal den Text eines wortgewandten Reisekameraden von Om. Könnte Volkmar gewesen sein. Langsam dünkt mir, er war der Reiseleiter. Om hatte ja irgendwie so ‘nen Faible für die Guides…*kicher*

“Unser Tag beginnt mit einer Bootsfahrt zu den Ballestas-Inseln. Schon bald nach dem Ablegen erreicht das Motorboot einen Küstenabschnitt der Paracas-Halbinsel, an dem eine riesige Zeichnung in den Wüstenhügel gescharrt ist, die “Kandelaber” genannt wird.

War es nur ein simples Zeichen für Piraten des 19. Jahrhunderts oder liegt die Entstehung dieses Scharrbildes wirklich 2000 Jahre zurück. Bald tauchen auch die Inseln auf. Auf bizarren, nackten Felsformationen ohne Bewuchs leben unzählige Perutölpel. Aber auch Kormorane und Pelikane sind zu sehen, eine große Anzahl von Seelöwen und mit etwas Glück die kleinen Humboldt-Pinguine.

Auf bizarren, nackten Felsformationen ohne Bewuchs leben unzählige Perutölpel. Aber auch Kormorane und Pelikane sind zu sehen […].

Betreten dürfen die Insel nur Wissenschaftler (es wird zu dieser Zeit noch nicht gegendert, Anmerkung der Redaktion) und alle paar Jahre Guanosammler, die den bekannten Dünger zusammentragen und in alle Welt exportieren. Zwei Stunden dauert die spannende Bootsfahrt, dann legen wir wieder an und fahren in den Nationalpark der Paracas-Halbinsel. Uns erwartet eine zum Teil honigfarbene Wüsentlandschaft, in der es zwei Museen gibt, die wir besuchen wollen.

Das naturkundliche Museum vertieft insbesondere die Kenntnisse der Fauna von Meer und Küste, das zweite Museum zeigt Funde aus der sogenannten Paracas-Kultur, die etwa von 700 v.Chr. bis 200 n.Chr. dauerte. Staunen erregen die mehr als 2.000 Jahre alten Baumwollstoffe, die fein gewebt und farbenreich dekoriert sind.

Aufmerksamkeit erregen auch deformierte, lang nach oben gezogene Schädel.

Man hat sie neben Mumien, Keramiken und anderen Gegenständen in den in der Nähe befindlichen Schachtgräben gefunden. Das Wüstenklima hat für einen fantastischen Erhaltungszustand gesorgt. Aufmerksamkeit erregen auch deformierte, lang nach oben gezogene Schädel. Nach einer weiteren Erkundungstour durch die Wüste verbringen wir unsere Mittagspause direkt an der Küste, wo fangfrische Fische angelandet werden und direkt köstlich zubereitet auf den Tisch kommen.”

Ankommen in der Welt der neokolonialen Kontraste: Halb schüchtern, halb erwartungsfreudig lächelt sie unterm Schlapphut hervor. Hinter der Stange wieder Volkmar, rechts Rosemarie, Oms Busenfreundin. Die war immer cool.

Lima, Peru, Mai 2003

Übernachtung nicht in Pisco, in Paracas ! (Pisco war nur Durchfahrt)

Nr. 30 (Kringelschrift. Die süßeste von allen.)

Paracas, Peru, Mai 2003

“Patapampa” Paßhöhe ! 4907 m !

Steine !

Steintürme aus Dankbarkeit !

Unser Bus, und auch auf dieser Höhe kommen die Menschen und bieten ihre Handarbeiten an !


“[…] auserwählten Personen, die diesen Weg nahmen, eröffnete sich nach einem anstrengenden Anstieg an dem sogenannten Sonnentor ein erster Blick auf die Anlage, der in der Tat überwältigend war und ist. Von mehreren Gebirsgkränzen umgeben liegt Machu Picchu wie eine Perle in einer Muschel. Ein einzelner Berg gleich einem Zuckerhut ragt an einer Seite dieser Anlage auf. Tief unten rauscht ein wilder Fluss. Unterschiedliche Grüntöne, das Spiel der Wolken, die Schattenbildung der Gebirgskränze; es ist als hätte die Natur eine landschaftliche Sinfonie geschaffen, deren Höhepunkt Machu Picchu darstellt. Die Siedlung steigert noch einmal den landschaftlichen Eindruck. Auch sie lebt von geheimen Harmonien, die man wohl empfinden, aber nicht benennen kann.

[…] es ist als hätte die Natur eine landschaftliche Sinfonie geschaffen, deren Höhepunkt Machu Picchu darstellt.

Bis heute ist das Rätsel von Machu Picchu ungelöst und so streift man durch die vergessene Stadt, staunt über perfekte Terrassenanlagen, Tempel, königliche Gemächer und wird wieder einmal von der Sehnsucht ergriffen, nur für einen Moment die Zeit doch einmal zurückdrehen zu können. Wir bleiben zwei Nächte in Aguas Calientes, um in aller Ruhe Machu Picchu und die Umgebung durchstreifen zu können.”


”Nasca ist durch gigantische Ritzzeichnungen in der Pampa berühmt, die in ihren Ausmaßen nur vom Flugzeug aus wahrgenommen werden können. Eine Deutsche, Maria Reiche, hat mehr als 50 Jahre diese Formen zum Teil entdeckt, gereinigt und kartiert. Heute wissen wir, dass diese Scharrbilder zwischen 300 u. 800 n.Chr. von der sogenannten Nasca-Kultur angelegt worden sind. Ihre endgültige Bedeutung ist aber nicht bekannt. Maria Reiche war der Ansicht, dass es sich bei den Zeichnungen wie Wal, Spinne oder z.B. Kondor um den größten astronomischen Kalender der Welt handelt. Wie dem auch sei, spannend ist es, sich mit dem Flugzeug in die Luft zu schrauben und die einzelnen Figuren in dem wüstenähnlichen Gebiet zu sehen.

Maria Reiche war der Ansicht, dass es sich bei den Zeichnungen wie Wal, Spinne, Kondor um den größten astronomischen Kalender der Welt handelt.

Nach einer guten halben Stunde setzt das kleine Flugzeug wieder auf dem Flughafen “Maria Reiche” auf. In dem unwirtlichen Gebiet gibt es außer den Scharrbildern noch mehr zu entdecken. Dazu gehört ein unterirdischer Kanal mit Atmungslöchern, die spiralförmig zum Wasserlauf führen und vor mehr als 1.500 Jahren angelegt worden sind.”

charlotte ernst